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10. Artikel "Psychotherapie geht alle an"

Medikation versus Psychotherapie

Die Entscheidung für und gegen eine Medikation mit einem Arzneimittel ist grundsätzlich eine fachärztliche Entscheidung unter Einbezug der Patient:innen. In diesen Artikel soll weder die fachärztliche Expertise abgebildet, noch eine grundsätzliche Empfehlung gegeben werden. Vielmehr sollen Mythen abgebaut werden.

Die Pharmakotherapie ist eine hoch komplexe Behandlung mit Arzneimitteln. Daher ist hierbei die (fach-)ärztliche Expertise unerlässlich. Auch beim Absetzen eines Medikaments sollte stets auf die Vorgaben des Arztes/der Ärztin geachtet werden. Es kann bei manchen Medikamenten z. B. zu negativen Wirkungen aufgrund eines prompten Absetzens oder unregelmäßiger Einnahme kommen.

Arzneimittel, die psychiatrisch genutzt werden, sind vielzählig und selbst jede Arzneimittelgruppe kann wieder in Untergruppen und diese wiederum in einzelne Medikamente unterteilt werden. Dies bringt auch die Tatsache mit sich, dass wenn ein Medikament aus einer Medikamentengruppe wenig hilfreich war, nicht per se die ganze Medikamentengruppe ungeeignet ist, sondern ggf. ein anderes Medikament dieser Gruppe zielführend sein kann.

Häufig werden Medikation und Psychotherapie als sich gegenüberstehende Behandlungen verstanden. Dies ist in den meisten Fällen jedoch nicht der Fall. Je nach Störungsbild und Schweregrad kann z. B. eine Kombination aus Psychotherapie und Psychopharmakotherapie in Erwägung gezogen werden. Denn eine Medikation kann manchmal deutlich zügiger wirken als Psychotherapie. Hingegen zielt Psychotherapie auf eine langfristige Änderung der Lebensführung und -gestaltung ab, was wiederum nicht per se einem Medikament möglich ist. In bestimmten Fallkonstellationen kann die Wirkung eines Medikaments einem Menschen erst die Psychotherapie ermöglichen oder die Wirkung der Psychotherapie verstärken.

Bei der Entscheidung für und gegen ein Arzneimittel kann daher immer von einer Kosten-Nutzen-Abwägung ausgegangen werden. Hier stellen sich u. a. auch folgende Fragen: Welche unerwünschte Arzneimittelwirkung (~ Nebenwirkungen) hat ein Medikament? Welchen Nutzen zieht eine Person durch die erwünschte Wirkung des Arzneimittels? Bei dieser Gegenüberstellung soll der Schweregrad eines Störungsbildes auch mit einbezogen werden. Denn bei leichten Schweregraden kann es sein, dass eine Pharmakotherapie je nach Arzneimittel ggf. keine erhebliche Unterstützung für einen Menschen darstellt. Medizinische Leitlinien empfehlen z. B. dass Patient:innen mit einer leichten depressiven Episode beratende und unterstützende Angebote erhalten, bei einer mittelgradigen depressiven Episoden wird empfohlen, dass Patient:innen entweder eine Psychotherapie oder eine medikamentöse Therapie angeboten werden soll und bei schweren depressiven Episoden soll eine Kombinationsbehandlung mit medikamentöser Therapie und Psychotherapie empfohlen werden. In allen Fällen sollten Entscheidungen trotz Leitlinienempfehlungen individuell getroffen werden.

Da Psychotherapeut:innen meistens Patient:innen viel häufiger sehen und erleben, kann der Austausch zwischen Fachärzt:innen und Psychotherapeut:innen fachlich sehr hilfreich sein. Eine konstruktive Zusammenarbeit zwischen Fachärzt:innen und approbierten Psychotherapeut:innen ist in allen Fällen wünschenswert.